Ich habe einmal als Mitglied einer Jury ein zauberhaftes
Theaterstück gelesen und mir den Namen des Autors, Zauner, gemerkt.
Das war ein Spiel um drei halbwüchsige Jugendliche, wenn ich mich
recht erinnere, und das hat mir ungeheuer Eindruck gemacht. Dann
war der erste österreichische Schriftstellerkongreß viele Jahre
später, da kamen zwei Menschen auf mich zu und sagten, wir sind
die Zauners. Da hab ich gejubelt und hab sie umarmt, und seither
sind wir befreundet. Wir sind mehr als Kollegen. Ich bin ein Freund
der Zauners. Es gefällt mir so gut, daß sie den Beruf ernst nehmen,
daß sie den Beruf so professionell betreiben. Sie sitzen in ihrer
Einschicht irgendwo im nördlichen Innviertel und schreiben. Es
ist eine große Sache, daraus einen Beruf zu machen und nicht in
der Großstadt Anschluß zu finden, sondern dort zu bleiben, wo
man glaubt, daß man hingehört, um ein Autor, eine Autorin zu sein.
Und dann hat mich der Zauner gefragt, ob ich für sein neues Buch,
sein zweites Prosabuch, einige Worte sprechen möchte. Da hab ich
gesagt: Ja. Aber ich brauche nur ein gut leserliches Manuskript,
kein gedrucktes Buch und keine Korrekturfahnen, sondern ein Schreibmaschinenmanuskript.
Denn es fällt mir ungeheuer schwer zu lesen. Ich lehne im allgemeinen
ab, etwas zu lesen, weil es mich sehr, sehr anstrengt. Ich habe
dieses Schreibmaschinenmanuskript bekommen und hab zu lesen begonnen
- und auf einmal hat es mich nicht mehr angestrengt. Auf einmal
war ich gefangen von diesem Text und sehr, sehr angetan von diesem
Text, der etwas ganz Besonders ist.
Denn heute schreibt man eigentlich mehr Geschichten - und das
ist gar nichts Böses, wenn man Geschichten schreibt - aber man
schreibt nicht mehr große Erzählungen, so wie sie Theodor Storm
geschrieben hat, wie sie Ferdinand von Saar geschrieben hat, Gottfried
Keller, auch noch Thomas Mann. Und dieses Buch "Scharade" ist
eine große Erzählung. Man wird mich bitte richtig verstehen, auch
Zauner wird mich richtig verstehen, ich mußte dabei immer an Adalbert
Stifter denken. Nicht nur weil da Oberösterreich und weil da ein
See ist, der vielleicht mit dem See im 'Hagestolz' identisch ist,
ich weiß es nicht, - sondern weil da eine Erzählhaltung, eine
Erzählgesinnung ist, die in unserer Zeit selten geworden ist.
Da ist eine durchaus in der heutigen Zeit angesiedelte Situation
eines Menschen, der, auf der Flucht vor sich selbst und seinem
großstädtischen Schicksal im Kunstmarkt, ohne daß Saison wäre,
in einen kleinen Ort, in einen bäuerlichen Ort an einem See geht,
um dort sich selbst zu finden und der ein Abenteuer hat mit einem
Sonderling, der dort lebt...
Aber ich will die Geschichte nicht erzählen, ich will nur sagen,
daß da sehr viel Geheimnis ist und daß es in einer faszinierenden
Weise sowohl großartige Epik ist, als in die heutige Zeit hineingehört,
ohne mit dem Zeitgemäßen und Zeitgebundenen zu kokettieren.
Ich habe mir im ersten Moment, als ich damals ja gesagt hatte,
gedacht, um Gottes willen, jetzt habe ich ja gesagt, was mach
ich, wenns mir nicht gefällt. Dann steh ich da und muß lügen.
Zum Glück muß ich nicht lügen... ich hätte mich schon irgendwie
durchgeschwindelt, aber es muß nicht sein.
Ich gratulier Ihnen, lieber Friedrich Zauner, und ich gratulier
dem Verlag, der diesen österreichischen Autor entdeckt hat und
der hoffentlich weitere österreichische Autoren entdecken wird.
Wir haben es bitter nötig, daß unsere neueren und neuesten und
auch nicht nur die neueren und neuesten Autoren entdeckt werden.
Und ich hoffe, daß die Leser Friedrich Zauner, der bisher Dramatiker
war, der nun in reifen Jahren zur Prosa gefunden hat, auch schätzen
werden, lesen werden, vor allem kaufen werden.
Aus:
Die Rampe Porträt Friedrich Ch. Zauner, Verlag Trauner
|
|